Personenstandsänderung
Um auch offiziell, also etwa von Ämtern und Behörden, im Reisepass, am Arbeitsplatz und bei der Sozialversicherung, im gelebten Geschlecht anerkannt zu werden, ist eine Änderung des Geschlechtseintrags im Zentralen Personenstandsregister (bis 2013: Geburtenbuch) nötig. Folge ist die rechtliche Gleichstellung mit Personen im Identitätsgeschlecht (z.B.: Ehe, Sozialrecht, Pensionsrecht, Wehrpflicht).
Der juristische Geschlechtswechsel ist in Österreich seit 1983 möglich und erfolgt nach § 41 Personenstandsgesetz. Demnach hat die Personenstandsbehörde eine Eintragung zu ändern, wenn sie nach der Eintragung unrichtig geworden ist. Seit Einführung des Zentralen Personenstandsregister kann die Personenstandsänderung in jedem Standesamt in Österreich beantragt werden.
Zuständigkeit Österreichischer Behörden (*)
Im zentralen Personenstandsregister werden die Geburten aller österreichischen Staatsbürgen (§ 35 PStg 2013) und, unabhängig von der Staatsbürgerschaft, aller in Österreich geborenen Personen eingetragen (§ 9 ff. PStG 2013). Erfasst werden zudem Konventionsflüchtlinge und in Österreich lebende Staatenlose und Person mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Deshalb ist, anders als bei der Vornamensänderung, für die Zuständigkeit Österreichischer Behörden nicht allein die Staatsbürgerschaft sondern auch die Geburt in Österreich ausschlaggebend.
Das bedeutet auch, dass der Personenstand aller in Österreich Geborenen nach Österreichischem Recht zu ändern ist. Rechtliche Bestimmungen jenes Landes, deren Staatsbürgerschaft eine in Österreich geborene Person hat, werden wegen Verstoßes gegen den ordre public nicht berücksichtigt.
Für Personen, die weder in Österreich geboren sind noch die Österreichische Staatsbürgerschaft oder einen Asylstatus haben, gilt für die Personenstandsänderung das Recht des Landes ihrer Staatsbürgerschaft.
Verfahrensweg
Die Kriterien für die Änderung des Geschlechtseintrags sind seit der Aufhebung des Transsexuellen Erlasses durch den Verfassungsgerichtshof 2006 dubios. Klargestellt ist seither allerdings, dass Ehen auch bei einem Geschlechtswechsel eines Partners bestehen bleiben können. 2009 stellte ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs klar, dass eine genitalanpassende Operation jedenfalls nicht als Voraussetzung für die Personenstandsänderung verlangt werden darf.
Die aktuelle Grundlage für Personenstandsänderungen ist ein Schreiben des BMI vom 11. Mai 2010, mit dem die Entscheidungskompetenz den Ländern übertragen wurde. Es zitiert Passagen des VwGH Erkenntnis von 2009, in dem dieser wiederum die aufgehobenen Transsexuellenerlässe von 1983 und 1996 zitiert, und resümiert:
Ist die (psychische) Komponente des Zugehörigkeitsempfindens zum anderen Geschlecht aller Voraussicht nach irreversibel und nach außen in der Form einer deutlichen Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts zum Ausdruck gekommen, ist der österreichischen Rechtsordnung kein Hindernis zu entnehmen, das eine personenstandsrechtliche Berücksichtigung des für die Allgemeinheit relevanten geschlechtsspezifischen Auftretens hindern würde. Die Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts ist auch ohne operativen Eingriff möglich.
Es ist also heutzutage evident, dass das "richtige Geschlecht" erwachsener Personen das Identitätsgeschlecht und das soziale Geschlecht ist. Das Geschlecht kann durch plastisch-chirurgische Eingriffe nicht "umoperiert" werden. Nähere Kriterien werden vom BMI aber nicht vorgegeben. Durch die Übertragung der Entscheidungskompetenz an die Länder ist die Handhabung derzeit von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.
In Wien wird ein Gutachten verlangt, wobei explizit die Diagnose "Transidentität" vorliegen soll, auch wenn es gar keine ICD-Diagnose für TI gibt und darunter auch unterschiedliches verstanden wird.
Nach den im Februar 2015 veröffentlichten Behandlungsempfehlungen des Gesundheitsministeriums, die unter Einbindung des BMI zustande gekommen sind, ist explizit nur eine fachärztliche Stellungnahme für die Personenstandsänderung erforderlich. Sie soll die Diagnose Geschlechtsdysphorie bzw. Transsexualismus (im Sinne des BMG) und die Annäherung des äußeren Erscheinungsbildes bestätigen.
Wenn Du eine Personenstandsänderung brauchst aber unsicher bist, ob Du die Kriterien erfüllst, musst Du es einfach probieren: Bring einen formlosen Antrag beim zuständigen Standesamt ein. Zur Erleichterung der Entscheidung empfehlen wir, Dokumente wie diverse Psycho Gutachten, Belege für Therapien und Behandlungen sowie ggf. Nachweise zur Lebenspraxis gleich mit einzureichen.
Günstig sind Gutachten die die immer wieder zitierten Kriterien belegen:
- Dass Du fix davon überzeugt bist, dem anderen Geschlecht anzugehören,
- Dass Du Maßnahmen ergriffen hast, die zu einer deutlichen Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts geführt haben und
- Dass sich Dein Zugehörigkeitsempfinden zum "anderen" Geschlecht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird.
Das Amt wird aufgrund deines Antrags gegebenenfalls weitere Belege oder Gutachten fordern oder Dich zu einer Psychiaterin schicken, welche ein zusammenfassendes Urteil abgeben soll.
Solltest Du Probleme bei Deinem Antrag auf Personenstandsänderung bekommen, wende Dich bitte an uns.
Nach der Personenstandsänderung
Wird der Antrag genehmigt so ändert das Standesamt den Eintrag im Zentralen Personenstandsregister und stellt eine neue Geburtsurkunde aus, in der die Änderung als solche nicht ersichtlich ist. Gleichzeitig muss auch der Geschlechtseintrag im Zentralen Melderegister korrigiert werden (§ 11 Abs 1a MeldeG) und ein neuer "Meldezettel" ausgestellt werden (§ 41 Abs 3 PStG).
Erst mit der neuen Geburtsurkunde und dem neuen "Meldezettel" kannst Du
- einen Deinem Geschlecht eindeutig entsprechenden Vornamen wählen
- passende Ausweise und Dokumente beantragen
- eine Ehe mit einer Person des Ursprungsgeschlechts eingehen
Auf die Neuausstellung staatlicher Ausweise und Dokumente wie Staatsbürgerschaftsnachweis, Reisepass oder Führerschein besteht ein Rechtsanspruch. Nicht jedoch auf die Neuausstellung privatrechtlicher Dokumente wie Schul-, Universitäts- oder Dienstzeugnisse. Diese muss jeweils mit den ausstellenden Einrichtungen ausverhandelt werden. Gelingt dies nicht so ist vor allem in beruflichen Zusammenhängen, etwa bei Bewerbungen, ein Outing als "Geschlechtswechsler_in" unvermeidlich.
Auch im Rahmen einer Eheschließung, Adoption oder Einbürgerung kann das alte Geschlecht offenkundig werden. Mit dem Zentralen Personenstandsregister entfällt zwar der bisher gängige Eintrag eines Randvermerks über die Änderung des Geschlechts im Geburtenbuch und aus dem aktuellen Datensatz des ZPR ist der Geschlechtswechsel nicht mehr ersichtlich. Dennoch werden alte Datensätze, also auch frühere Geschlechtseinträge und Vornamen, mitgespeichert. Damit sind die historischen Daten, primär für die Behörden, einsehbar.
Es gibt nun zwei Arten von Auszug aus dem ZPR: Einen Auszug der aktuellen Daten, aus dem Änderungen nicht hervorgehen, und einen Gesamtauszug, aus dem frühere Einträge ersichtlich sind. Mit dem ZPR muß vor Behörden bei Eheschließung, Adoption oder Einbürgerung keine Abschrift aus dem Geburtenbuch mehr vorgelegt werden. Der Standesbeamte schaut einfach selbst im ZPR nach. Zu einem ungewollten Outing kann es dennoch kommen, wenn der Standesbeamte bei einem gemeinsamen Termin der Parteien nach Einsicht ins ZPR Fragen stellt.
Download: Aktuelle Rechtslage als PDF
Schreiben des BMI, BMI-VA 1300/0139-III/2/201, vom 11. Mai 2010
an die Ämter der Landesregierung
Fußnoten
(*)
Quelle: Basedow, Scherpe (Hg); Transsexualität, Staatsangehörigkeit und internationales Privatrecht; 2004; Mohr Siebeck; S. 54 f.)